Moot Courts
Ein Moot Court ist eine simulierte Gerichtsverhandlung in Form eines juristischen Wettbewerbs, in welchem Studierenden ein fiktiver oder realer Fall zugeteilt wird. Die Studierenden werden dabei in Teams eingeteilt und vertreten jeweils eine der Prozessparteien. In einem Moot Court geht es darum, das Gericht zu überzeugen. Am Ende gewinnt das Team, welches die überzeugendsten Argumente für ihre Rechtsposition geliefert hat. Wenn Du an einem Moot Court teilnehmen möchtest, informiere dich am besten auf der Webseite deiner Universität über die Teilnahmevoraussetzungen und das Bewerbungsverfahren.
Es gibt nationale sowie internationale Moot Courts. In internationalen Moot Courts treten Teams aus mehreren Ländern in englischer Sprache gegeneinander an. Nationale Moot Courts werden in deutscher Sprache durchgeführt, die Teams stammen von deutschen Universitäten. Moot Courts werden in allen drei großen Rechtsgebieten – dem öffentlichen Recht, dem Zivilrecht und dem Strafrecht – angeboten. Daneben gibt es auch speziellere Moot Courts, wie beispielsweise den steuerrechtlichen Moot Court des Bundesfinanzhofs oder den arbeitsrechtlichen Moot Court des Bundesarbeitsgerichts.
Hier listen wir einige nationale Moot Courts auf. Um herauszufinden, an welchen Moot Courts du an deiner Universität teilnehmen kannst, informiere dich am besten auf der Webseite deiner Universität.
Hans Soldan Moot
Der Soldan Moot Court wird jährlich durchgeführt. Streitgegenstand ist ein zivilrechtlicher Fall im Rahmen eines deutschen Gerichtsverfahrens. Der Fall soll jeweils ein Problem mit Bezug zum anwaltlichen Berufsrecht aufweisen.
Teilnehmen können Studierende der Rechtswissenschaften, die sich mindestens im dritten Fachsemester befinden, im Weiteren bleibt die Auswahl der teilnehmenden Studierenden den teilnehmenden Fakultäten vorbehalten.
Moot Court Strafrecht (MSC)
Beim Bundesweiten Moot Court im Strafrecht handelt es sich um die Simulation einer Strafverhandlung, welche sowohl straf- und strafprozessrechtliche Themen beinhaltet. Der Wettbewerb findet unter Studierenden verschiedener rechtswissenschaftlicher Fakultäten aus Deutschland statt und wird jährlich ausgetragen. Die Organisation obliegt dem Siegerteam des Vorjahres.
Elsa Deutschland Mootcourt
Der ELSA Deutschland Moot Court (EDMC) ist der größte bundesweite Moot Court im Zivilrecht. Seit 1994 findet der EDMC bereits statt und kann damit schon auf eine große Tradition zurückblicken. Der EDMC wird jährlich über drei Runden ausgetragen – Lokalentscheide, Nationalentscheid und Bundesentscheid. Das Finale wird jedes Jahr im Juli vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe bestritten. Die Finalisten bekommen die einmalige Möglichkeit den Fall vor echten Richtern und Anwälten des BGH zu verhandeln.
Im Unterschied zu vielen universitären Moot Courts (z.B. dem Vis Moot Court oder dem Jessup Moot Court) wird der EDMC in deutscher Sprache durchgeführt. Die teilnehmenden Studierenden beschäftigen sich mit Fällen des deutschen Zivilrechts, weshalb der EDMC auch schon für Zweit- und Drittsemester geeignet ist. Da sich die verschiedenen Runden über ein ganzes Jahr verteilen, musst Du kein ganzes Semester frei nehmen.
BAG Moot Court
Seit 2005/2006 richtet das Bundesarbeitsgericht alle zwei Jahre einen arbeitsrechtlichen Moot Court in Erfurt aus. Die fiktive mündliche Verhandlung nach erstellen der Schriftsätze finden vor Richterinnen und Richtern des BAG stets an einem Tag im Januar statt. Der nächste Wettbewerb findet voraussichtlich Anfang 2026 statt.
Die Anmeldung erfolgt ausschließlich über die jeweiligen Lehrstühle der Universitäten und teilnahmeberechtigt sind Studierende der Rechtswissenschaft ab dem vierten Semester.
ELSA Deutschland Verwaltungsrechts Moot Court (EDVMC)
Seit 2017 findet der ELSA Deutschland Verwaltungsrechts Moot Court (EDVMC) statt. Studierende erhalten hier im Rahmen einer fiktiven Gerichtsverhandlung einen Einblick in die verwaltungsrechtliche Praxis. Die Dauer der schriftlichen Phase erstreckt sich über ungefähr sechs Wochen. Als fiktive Prozessbeteiligte haben Studierende in Zweierteams die Möglichkeit, eine simulierte Gerichtsverhandlung im Verwaltungsrecht zu erleben und so einen praktischen Einblick in dieses Berufsfeld zu erlangen.
Philip C. Jessup International Mootcourt
Der Phillip C. Jessup International Moot Court ist der weltweit größte Moot Court Wettbewerb, mit Teilnehmern aus ca. 700 Law Schools in 100 Gerichtsbarkeiten. Der Jessup Moot Court simuliert eine Streitigkeit vor dem International Court of Justice, dem Gericht der Vereinten Nationen (UN) und thematisiert spannende aktuelle völkerrechtliche Fragen. Die finale Runde des Moot Courts wird jährlich in Washington, D.C. ausgetragen.
Für eine Teilnahme musst Du entweder Jura oder einen anderen Studiengang mit Bezug zu internationalem Recht studieren und darfst noch keine Praxiserfahrungen gesammelt haben. Der Moot Court beginnt typischerweise im August/September jeden Jahres. Den offiziellen Zeitplan, welcher jedes Jahr aktualisiert wird, findest Du hier.
Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot
Dieser Moot Court thematisiert die Praxis des internationalen Handelskaufrechts und der Schiedsgerichtsbarkeit. Studierende aus jedem Land sind teilnahmeberechtigt und in den letzten Jahren haben 88 verschiedene Länder teilgenommen.
Die Teilnahme ist grundsätzlich in allen Semestern möglich, da allerdings gewisse Grundkenntnisse erforderlich sind, ist die Teilnahme im 1. Semester nicht empfehlenswert.
Der Wettbewerb beginnt Anfang Oktober und endet unmittelbar vor Ostern jedes Jahr. Die Schriftsätze sind erfahrungsgemäß dabei bereits gegen Ende Januar abzugeben. Im Anschluss finden die Vorbereitungen auf die mündlichen Verhandlungen statt und im März stehen Reisen nach Wien und Hong Kong an. Eine Teilnahme neben Vorlesungen und Klausuren ist zwar möglich, erfordert allerdings aufgrund des doch hohen Zeitaufwands viel organisatorisches Talent und gutes Zeitmanagement.
Price Media Law Moot Court
Der Price Media Law Moot Court ist der internationale Wettbewerb im Bereich Meinungsfreiheit im digitalen Zeitalter. Er wurde von Monroe E. Price ins Leben gerufen und wird seit 2008 von der University of Oxford ausgerichtet. Seitdem messen sich jedes Jahr Studierende von über 200 Universitäten aller Erdteile in einem fiktiven Gerichtsprozess. Der Price Moot ist der drittgrößte Wettbewerb seiner Art und bietet weit mehr als das bloße Präsentieren juristischer Argumentation. Er ist ein Ort, an dem sich Studierende und renommierte Expert*innen auf dem Gebiet des Medienrechts zusammenfinden, um gemeinsam die Zukunft der Meinungsfreiheit im Internet zu diskutieren und mitzugestalten.
Die Teilnahme dauert insgesamt ein Semester und beginnt im September, allerdings könnte je nach Bundesland eine Freischussverlängerung in Frage kommen. Das fünftägige Finale wird in Oxford abgehalten.
John H. Jackson Moot Court Competition
Die von ELSA International in Zusammenarbeit mit der Welthandelsorganisation (WTO) organisierte John H. Jackson Moot Court Competition (ehemals ELSA Moot Court Competition) ist eine simuliert eine Gerichtsverhandlung im Welthandelsrecht. In zwei Runden diskutieren die Teilnehmer:innen einen fiktiven Fall rund um GATT, GATS und TRIPS, die wichtigsten völkerrechtlichen Verträge des Welthandelsrechts. Dabei vertreten sie in einer Runde als Kläger:in, in der nächsten als Beklagte:r Staaten, die eine Lösung ihrer Streitigkeiten vor dem Dispute Settlement Body der WTO suchen.
Helga Pedersen Moot Court
Die Helga Pedersen Moot Court Competition (HPMCC) ist eine simulierte Gerichtsverhandlung deren Gegenstand Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention sind. Die HPMCC wird von ELSA International in Kooperation mit dem Council of Europe organisiert. Teilnahmeberechtigt sind Studierende der Rechtswissenschaft. Die Top 18 Teams, welche sich in den regionalen Wettbewerben durchgesetzt haben, nehmen am jährlichen Finale am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg teil. Alle Finalisten-Teams haben die einmalige Gelegenheit sich mit Anwälten und Richter:innen des EGMR auszutauschen. Als Preis ist ein einmonatiges Praktikum am EGMR ausgeschrieben.
Die Teilnahme an einem Moot Court ist eine hervorragende Möglichkeit, wertvolle Praxiserfahrung zu sammeln und bereits während des Studiums einen direkten Praxisbezug herzustellen. Besonders die thematisch spezialisierten Moot Courts bieten einzigartige Einblicke in Rechtsgebiete, die oft über die Erfahrungen eines typischen Jura-Praktikums hinausgehen.
Ein weiteres Highlight ist die Gelegenheit, für die mündlichen Verhandlungen an verschiedene Orte zu reisen – häufig sogar ohne eigene Kosten. Dabei übst du nicht nur das Verfassen von Schriftsätzen und das überzeugende Auftreten vor Gericht, sondern kannst auch deine rhetorischen Fähigkeiten gezielt verbessern. Je nach Moot Court besteht zudem die Chance auf eine Freischussverlängerung, was einen zusätzlichen Anreiz darstellt.
Darüber hinaus ist die Teilnahme ein klarer Pluspunkt für deinen Lebenslauf und eine großartige Gelegenheit, ein berufliches Netzwerk aufzubauen. Der Austausch mit deinem Team, das gemeinsame Diskutieren über Rechtsfragen, das Entwickeln überzeugender Argumente und das Arbeiten an einem gemeinsamen Ziel machen die Erfahrung besonders wertvoll – und natürlich auch unglaublich viel Spaß!
Je nach Moot Court gibt es unterschiedliche Fristen, die einzuhalten sind. Daher empfiehlt es sich, frühzeitig bei deiner Fakultät nach den Bewerbungsfristen zu fragen. Insbesondere bei internationalen Moot Courts spielen zudem gute Englischkenntnisse eine wichtige Rolle.
Die Teilnahme an einem Moot Court ist zeitintensiv und erfordert ein hohes Maß an organisatorischem Talent, vor allem, wenn sie während des Semesters stattfindet. Darüber hinaus solltest du dich im Voraus informieren, ob alle Reisekosten von Sponsoren übernommen werden, da nicht jede Reise vollständig finanziert wird und eventuell zusätzliche Teilnahmegebühren auf dich zukommen könnten.
In manchen Fällen kann es notwendig sein, für die Teilnahme ein Urlaubssemester zu beantragen. Dies solltest du auch im Hinblick auf eine mögliche BAföG-Förderung rechtzeitig berücksichtigen.
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, dich bereits während des Studiums in unterschiedlichen Rechtsbereichen weiterzubilden und erste Einblicke zu gewinnen bzw. internationale Erfahrungen zu sammeln. Im Folgenden stellen wir dir einige dieser Zusatzangebote vor
Model United Nations
Model-United-Nations-Konferenzen (MUNs) sind Planspiele, bei denen die Teilnehmer:innen als Delegierte bei den Vereinten Nationen auftreten. Es wird in simulierten Gremien wie dem Sicherheitsrat oder der Generalversammlung über weltpolitische Themen debattiert. Viele Universitäten tragen ihren eigenen MUN-Konferenzen aus, allerdings gibt es auch Deutschlandweite Konferenzen.
Model European Union
Die Model European Union ist eine einwöchige Simulation europäischer Politik und des europäischen Gesetzgebungsverfahrens. Studierende übernehmen die Rollen von Mitgliedern des Europäischen Parlaments, Ministern im Rat der EU, Journalisten oder Lobbyisten. Viele Universitäten haben politische oder juristische Vereine, die die Teilnahme organisieren.
Summer Schools
Summer Schools sind kurze, meist internationale Programme, die während der Semesterferien im Sommer stattfinden. Sie bieten Studierenden eine ideale Gelegenheit, ihre juristischen Kenntnisse zu erweitern und gleichzeitig wertvolle internationale Erfahrungen zu sammeln. Da viele Programme in anderen Ländern auf Englisch stattfinden, sind gute Englischkenntnisse erforderlich. Beachte auch die Teilnahmegebühren, die je nach Summer School stark variieren können, wobei Stipendien wie z.B. vom DAAD hier zur Verfügung stehen. Auch bieten viele Universitäten weltweit Summer School Programme an, insbesondere in den USA.